Eigentlich schon sehr erstaunlich, dass sich die allgemeine Empörung der angeblich so aufgeklärten und aufgebrachten Demokraten vor allem gegen die Grünen richtet. Demokratie lebt natürlich von Kritik und man kann auch manche Positionen der Grünen durchaus kritisch hinterfragen. Auch ich bin nicht mit allem einverstanden, aber bei den Grünen haben diese abweichenden Meinungen immerhin einen Platz. Und jede/r ist eingeladen, offene Diskussionen einzufordern und sich daran zu beteiligen. Das ist jene Basisdemokratie und politische Beteiligung, die ich zumindest für sehr wichtig erachte.
Dieses öffentliche Dauerbombardement gegen die Grünen halte ich jedoch für völlig kontraproduktiv. Während bei der ÖVP teflonartig jegliche Kritik abprallt und sie es schafft, den schwarzen Peter anderen zuzuschieben, wenn sie etwas durchziehen will, kocht die Empörung gegen die Grünen hoch. Die Türkis-Schwarzen gehen immer wieder mit ihrer Doppelstrategie als Gewinner hervor und fahren Wahlsieg um Wahlsieg ein – und der Souverän lässt ihnen das durchgehen.
Mir aber macht diese Übermacht auf allen Ebenen in unserem Land Angst. Unsere Demokratie wird immer mehr zu einer Oligarchie, das ist über Kurz oder lang schlecht für unser Land.
Anstatt in den letzten Jahren den Grünen den Rücken zu stärken und damit auch Druck auf die ÖVP auszuüben, schießt sich die Zivilgesellschaft auf die Grünen ein, baut politischen Druck auf den falschen auf und spielt damit der ÖVP direkt in die Hände. In einer Zeit, in der nicht nur im Sommerloch offenbar jeden Tag eine neue Sau (die Schweinderl mögen den Begriff entschuldigen) durchs mediale Dorf getrieben werden muss, nehmen die Medien diesen Ball dankbar und leider oft unreflektiert auf. Doch die leisen und differenzierten Stimmen gehen unter. Und der Blick darauf geht verloren, dass Politik eben nicht nur das Durchprügeln eigener Interessen sein sollte, sondern im Sinne des Gemeinwohls die Suche nach Kompromissen, die allen zu Gute kommen. Das ist mühsam, anstrengend und oft frustrierend, denn man bringt (noch dazu als kleine Partei) logischerweise bei Weitem nicht alles zu 100 Prozent durch, was einem wichtig ist.
Als Gemeindevertreter muss ich mit all dem leben. Ich habe dafür kandidiert und bin dafür gewählt worden, meine Freizeit zu investieren, mich in Themen einzuarbeiten, die dann aber aufgrund der Mehrheitsverhältnisse oft nicht durchzubringen sind. Doch ich versuche es weiter und bleibe dran, auch wenn etwas aussichtslos scheint. Und einiges gelingt ja auch.
Aber es sind diese immer wiederkehrenden Tage des teils unreflektierten Grünen-Bashings auch bei uns, die mich schon daran denken lassen, mein politisches Engagement wieder an den Nagel zu hängen, um mir meine innere Mitte zurück zu holen.
GV Horst Köpfelsberger